Wasser zu Wein

Wo lebte Jesus als Jugendlicher und junger Erwachsener? Hier sind wir auf intelligentes Raten angewiesen, denn keines der Evangelien macht irgendwelche Angaben über Jesus im Alter von 12 bis etwa 30 Jahren. 

VORIGES LESEN

(TEIL 1)

ZUR SERIE

Wie am Ende von Teil Eins dieser Reihe erwähnt, brachte der junge Zimmermann Josef seine Frau Maria und ihren kleinen Sohn nach Ägypten, um den Mordplänen des eifersüchtigen Herodes zu entgehen. Über ihre Zuflucht in Ägypten ist nichts bekannt - weder der Ort noch die genaue Dauer -, außer dass sie nach dem Tod des Herodes aus Ägypten nach Nazareth zurückkehrten. 

In den folgenden Jahren in Galiläa wuchs Jesus offenbar an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen (Lukas 2, 52). Lukas berichtet, dass er sich unter der Obhut seiner Eltern gut entwickelte. 

Der einzige überlieferte Bericht über seine Kindheit betrifft ein ungewöhnliches Ereignis in Jerusalem. Es ist seine berühmte Begegnung mit den Lehrern des Gesetzes in den Höfen des Tempels, von dem Lukas 2, Vers 41-47 erzählt. Am Passafest, als er 12 Jahre alt war, wurde Jesus von seinen Eltern getrennt. Ohne dass Maria und Josef es wussten, hielt er seine gelehrten Zuhörer drei Tage lang mit Fragen von großer Tiefe und Einsicht in seinem Bann. 

Natürlich brachten seine Eltern ihre Angst und Sorge um den verschollenen Sohn zum Ausdruck - und wohl auch einen gewissen Ärger über seinen offensichtlichen Mangel an Rücksicht. Dennoch war dies ein entscheidender Augenblick, der Maria später zu denken geben sollte. Als seine Eltern ihn schließlich fanden, antwortete Jesus ihnen mit den Fragen: „Warum habt ihr mich gesucht? Wißt ihr nicht, daß ich sein muß in dem, was meines Vaters ist?“ (Vers 49). 

Das wussten Josef und Maria allerdings nicht - und vor allem verstanden sie es nicht. Sie waren einfach dankbar, ihren kostbaren und einzigartigen Sohn zu finden. 

DAS FUNDAMENT WIRD GELEGT 

Lukas berichtet in Vers 51, dass Jesus von Jerusalem nach Nazareth zurückkehrte und seinen Eltern gehorsam war. Durch diese Beziehung hatte Jesus sicher die Möglichkeit, von Josef das Zimmermannshandwerk zu lernen. 

Als Zimmermann muss Josef in der Umgebung von Nazareth gearbeitet haben. Eine Entdeckung in der Nähe des Hauses, das Jesus als Junge bewohnte, erlaubt vernünftige Spekulationen über die Jugend Jesu und darüber, was er als Lehrling eines Zimmermanns gelernt haben könnte. 

Zwar erwähnen die Evangelien Sepphoris nicht, doch archäologische Ausgrabungen weisen darauf hin, dass es eine wichtige Stadt 7 km nördlich von Nazareth war. Zur Zeit Jesu war es die Provinzhauptstadt Galiläas. In diesem Fall untermauert das, was die Evangelien nicht erwähnen, eine wohlbegründete Ansicht. Wir wissen, dass Jesus mit einem Zimmermann als Vater aufwuchs, dass er den Wünschen seiner Eltern gehorchte und dass Nazareth das Zuhause seiner Familie war. Außerdem wissen wir, dass das Reich Herodes des Großen nach dessen Tod unter seine drei Söhne Archelaus, Antipas und Philippus aufgeteilt wurde. 

Herodes Antipas herrschte über Galiläa und begann in der strategisch wichtigen Stadt Sepphoris ein umfangreiches Wiederaufbauprogramm. Die Bauarbeiten dauerten während der gesamten Jugend Jesu in Nazareth an. Daher ist es möglich, dass Josef und Jesus an dem Projekt arbeiteten. In jener Zeit waren Zimmerleute auch Steinmetze, und Sepphoris' Größe und Glanz muss die Handwerker der Region jahrelang beschäftigt haben. 

Herodes Antipas war zusammen mit seinem Bruder Archelaus in Rom erzogen worden. Seine Erfahrungen waren bis zu seiner Rückkehr nach Palästina ganz und gar in die Kultur des Römischen Reiches eingebettet. So ist es nicht überraschend, dass Sepphoris als eine Stadt im römischen Stil erbaut wurde, mit Amphitheater, Bädern, Regierungsgebäuden und so fort. 

Wenn Jesus in Sepphoris mit dem städtischen Leben vertraut wurde, muss er dadurch wichtige Lehren über Handel und Geschäft, Politik und menschliches Regieren gelernt haben. Was bei der Erklärung der Evangelien oft nicht berücksichtigt wird, ist die politische Atmosphäre der Zeit Christi. 

Wenn Jesus in Sepphoris mit dem städtischen Leben vertraut wurde, muss er dadurch wichtige Lehren über Handel und Geschäft, Politik und menschliches Regieren gelernt haben. Was bei der Erklärung der Evangelien oft nicht berücksichtigt wird, ist die politische Atmosphäre der Zeit Christi. 

Auch ihre Bedeutung für das Wirken Johannes des Täufers wird übersehen. 

EINE UNGEWÖHNLICHE BOTSCHAFT 

Johannes der Täufer war fast ebenso umstritten wie Jesus selbst. Der Evangelist macht folgende Angaben zum geschichtlichen und geographischen Kontext: „Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren, geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste“ (Lukas 3, 1-2). 

Die Folge war, dass Johannes der Täufer zu predigen begann, es komme darauf an, seine Sünden vor Gott zu bereuen, und mit der Taufe im Jordan beginne der Erneuerungsprozess. Dies war damals eine ungewöhnliche Botschaft, da die Taufe kein gängiges Ritual war. Natürlich hatten die Propheten seit alters her von Reue und Vergebung der Sünden gesprochen. Das jüdische Volk war mit rituellen Reinigungsbädern vertraut, aber Sünden abzuwaschen - das war neu. 

Das Leben Johannes des Täufers war in mehrfacher Hinsicht parallel zum Leben Jesu verlaufen. Johannes und Jesus waren durch ihre Mütter Blutsverwandte. Sowohl Elisabeth, die Mutter des Johannes, als auch Maria waren durch ein Wunder schwanger geworden, und dies nur einige Monate nacheinander. Elisabeth wusste, daß ihre Schwangerschaft ebenso wie die Marias ein bemerkenswertes Zeichen göttlichen Eingreifens war. Elisabeth hatte bis ins hohe Alter keine Kinder bekommen können. Als sich Maria und Elisabeth am Anfang von Marias Schwangerschaft begegneten, hatte sich Elisabeths Kind plötzlich in ihrem Leib bewegt. Elisabeth verstand dies als bedeutungsvolles Zeichen. 

VERBINDUNG ZU QUMRAN 

Angesichts ihres Alters ist es wahrscheinlich, dass die Eltern des Johannes starben, bevor er erwachsen wurde. Es ist auch möglich, dass er als Waise in einer religiösen Gemeinschaft in der Wüste aufwuchs. 

Eine solche Gemeinschaft könnte es in dem berühmten Qumran an der Küste des Toten Meeres gegeben haben. Die Bewohner waren möglicherweise Essener, Angehörige einer strengen jüdischen Sekte, die in Abgeschiedenheit lebte. Wenn sie in der öden Landschaft am Rand der Wüste Judäas lebten, führten sie gewiss ein asketisches Leben. Die Essener warteten auf einen Messias, der sie politisch befreien würde - einen Kriegerkönig. Dann, so glaubten sie, werde ein priesterlicher Messias nach Jerusalem kommen und den Gottesdienst im Tempel und die Opfer reinigen. 

Johannes der Täufer hatte mit solchen Vorstellungen wenig gemein, doch er praktizierte wie gesagt das Ritual der Taufe durch Untertauchen. Ein Teil der Ruinen von Qumran sieht aus wie Anlagen für rituelle Bäder oder miqvaíot, wo Reinigungshandlungen in Form von Untertauchen stattgefunden haben könnten. 

Offenbar verbrachten die Mitglieder der Qumran-Gemeinschaft viel Zeit damit, die hebräischen heiligen Schriften zu kopieren und mit ihren eigenen Kommentaren zu versehen. Dies könnte erklären, warum dort so viele Tintenfässer gefunden wurden - die bei Ausgrabungen sicher nicht oft in Massen anfallen. 

Am berühmtesten wurden die Höhlen in jenem Gebiet natürlich durch die Entdeckung der Qumran-Rollen im Jahr 1947. In drei der Höhlen fand man Fragmente des sogenannten Kairo-Damaskus-Dokuments. Die Fragmente berichten von einer Ernährung, die Heuschrecken einschloss - auch Johannes aß sie, wie das Evangelium berichtet. Dies war nicht unbedingt etwas Außergewöhnliches, denn die Juden sahen Heuschrecken als essbar an. 

Ein weiteres Indiz für die mögliche Verbindung Johannes des Täufers mit Qumran ist die Tatsache, dass die Gemeinschaft - wie Johannes - ihr Ziel mit einem Vers von Jesaja beschrieb. Der Anfang dieses Verses lautet: „Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem HERRN den Weg“ (Jesaja 40, 3). Allerdings muss gesagt werden, dass Johannes und die Qumran-Gemeinschaft den Vers unterschiedlich interpretierten. Wenn Johannes etwas mit dieser Gemeinschaft zu tun hatte, so entfernte er sich bald von ihr, nachdem sein öffentliches Wirken im 15. Jahr des Cäsars Tiberius begonnen hatte. 

Die Autoren der Evangelien zitieren die hebräischen heiligen Schriften oft als Beweis für das jeweils behandelte Thema – zum Beispiel für die Mission Johannes des Täufers. Dies sollte uns nicht überraschen: Für die Autoren der Evangelien war die einzige „Bibel“ das, was wir heute das Alte Testament nennen.

Die Autoren der Evangelien zitieren die hebräischen heiligen Schriften oft als Beweis für das jeweils behandelte Thema - zum Beispiel für die Mission Johannes des Täufers. Dies sollte uns nicht überraschen: Für die Autoren der Evangelien war die einzige „Bibel“ das, was wir heute das Alte Testament nennen. 

REZEPT FÜR HEUTE 

Johannes war ein feuriger Prediger. Er sprach Klartext, ohne einen Menschen zu fürchten. Wenn die Menschen aus Judäa und Jerusalem zum Jordan kamen, um Johannes zu hören, nahm er kein Blatt vor den Mund. Er identifizierte bestimmte religiöse Führer unter seinen Zuhörern und bezeichnete sie öffentlich als „Schlangenbrut“ (Lukas 3, 7). Er warnte sie, die göttliche Vergeltung werde die Verstockten treffen, Selbstgerechtigkeit sei eine Falle, und der äußere Anschein der Frömmigkeit sei nicht genug. Was Gott sehen wolle, sei ein Wandel des Herzens. 

In dieser Hinsicht war die Mission des Johannes der der Propheten im Alten Testament nicht unähnlich. Sein Rezept für eine Änderung des Verhaltens war das Gleiche. Wenn er um Rat gebeten wurde, wie man rechtschaffen leben solle, antwortete Johannes mit konkreten Beispielen wie diesem: „Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat, und wer zu essen hat, tue ebenso“. 

Auch die verhassten Steuereinnehmer suchten seinen Rat. Ihnen sagte er: „Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!“ 

Dann kamen die Soldaten: „Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und laßt euch genügen an eurem Sold!“ (Lukas 3, 11-14). 

Teilt, was ihr habt, nehmt nicht mehr als ihr solltet, stehlt nicht, verleumdet nicht und begnügt euch mit eurer Bezahlung - das klingt wie ein Rezept für heute. 

Und natürlich klingt dies so, weil die von Johannes zitierten richtigen Werte, die auf den hebräischen heiligen Schriften beruhen, zeitlos sind. Dies ist ein wichtiger Aspekt der ursprünglichen Lehre des Neuen Testaments: ihre Zeitlosigkeit. Ihr werden wir im Lauf dieser Reihe immer wieder begegnen. 

STÄRKER ALS JOHANNES 

Die Art der Gespräche, die Johannes mit seinen Zuhörern führte, brachte einige auf die Frage, ob er der erwartete Messias sei. Konnte er der Christos (der Gesalbte) sein, der kommen sollte? 

Johannes gab darauf eine eindrucksvolle und gleichzeitig rätselhafte Antwort. Er sagte: „Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich, und ich bin nicht wert, daß ich ihm die Riemen seiner Schuhe löse; der wird euch mit dem heiligen Geist und mit Feuer taufen. In seiner Hand ist die Worfschaufel, und er wird seine Tenne fegen und wird den Weizen in seine Scheune sammeln, die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen“ (Lukas 3, 16-17). 

Der, von dem er sprach, war noch nicht öffentlich in Erscheinung getreten. Doch bald kam Jesus aus Galiläa, um sich taufen zu lassen. Auf die Bitte Jesu reagierte Johannes mit der Frage: „Ich bedarf dessen, daß ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?“ 

Jesus antwortete, es sei notwendig, die Zeremonie durchzuführen, damit seine eigene Lebensgeschichte den Weg für alle Menschen reflektieren konnte. Das bedeutet, dass jeder irgendwann die Reinigung vor Gott annehmen oder ablehnen muss. Wenn Jesus als lebendiges Beispiel für alle dienen sollte, dann durfte dieser Teil der menschlichen Erfahrung nicht ausgeklammert werden. 

Wo genau Johannes Jesus taufte, ist unbekannt; doch alle vier Evangelien erklären, was geschah. Als Jesus aus dem Wasser des Jordans auftauchte, kam etwas in Gestalt einer Taube auf ihn herab. Es war ein Symbol des heiligen Geistes, und man hörte eine Stimme: „Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen“ (Matthäus 3, 13-17; Markus 1. 9-11; Lukas 3, 21-22; Johannes 1, 32). 

Nach dieser einfachen, aber bedeutungsvollen Zeremonie begann Jesus im Alter von etwa 30 Jahren sein öffentliches Wirken. 

DIE FALLE DES VERSUCHERS 

Nun wurde Jesus in Versuchung geführt, seine große Macht für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Unmittelbar nach seiner Taufe wurde er in die Wüste geführt, um auf einen Gegner aus der Geistwelt zu treffen: Nachdem er 40 Tage gefastet hatte, begegnete Jesus Satan, dem Teufel (Matthäus 4, 3-10). 

Matthäus beschreibt den ersten Angriff des Teufels: „Bist du Gottes Sohn, so sprich, daß diese Steine Brot werden.“ 

Das Bedürfnis nach Nahrung war zweifellos intensiv. Und Jesus war sich seiner Macht bewusst, die Umstände durch ein Wunder zu verändern. War dies eine Chance, diese Macht zum eigenen Nutzen einzusetzen? Die Antwort Jesu war einfach: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“ 

Zwei weitere Male forderte der Versucher Jesu Macht heraus. Wirf dich doch von der höchsten Stelle des Tempels hinunter - Gott wird dich sicher retten. Schließlich könntest du beweisen, wer du bist, indem du einen eigentlich selbstmörderischen Sprung machst, denn die Schrift verspricht, dass du geschützt wirst: „Er wird seinen Engeln deinetwegen Befehl geben; und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt“, zitierte der Versucher. 

Doch Jesus wusste, dass es herausfordernd und falsch wäre, Gottes Schutz so auf die Probe zu stellen. Seine Antwort? „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.“ 

Der Teufel führte Christus auf einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Erde. „Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“ 

Zuletzt führte der Teufel Christus auf einen hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Erde. „Das alles will ich dir geben, wenn du niederfällst und mich anbetest.“ Sein Angebot war verlockend, weil Jesus wusste, dass es letztlich seine Bestimmung war, über die Welt zu herrschen, aber nur nach dem Willen seines Vaters, nicht als Knecht Satans. Seine Antwort war endgültig: „Weg mit dir, Satan! Denn es steht geschrieben: „Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.“ 

Auf diesen Bericht über die Versuchung folgen im Johannesevangelium weitere Einzelheiten über die Rolle Johannes des Täufers. Die religiöse Obrigkeit war offenbar über sein Wirken beunruhigt und wollte wissen, wer er eigentlich war. Die Pharisäer, die von seinen verbalen Angriffen betroffen waren, schickten einige Sadduzäer - ihre religiösen Partner - aus Jerusalem, um mit Johannes zu sprechen. Sie fragten, ob er der Christus sei, und Johannes bekannte: „Ich bin nicht der Christus.“ Er sei auch nicht Elia oder der in der Schrift angekündigte Prophet. Er sei nur der Bote, der vor dem Herrn komme (Johannes 1, 19-28). 

Am nächsten Tag bezeichnete Johannes Jesus als Lamm Gottes - das nach der Verheißung als Opfer für die Menschheit kommen sollte. Und am Tag darauf wiederholte Johannes den Ausdruck „Lamm Gottes“ vor zweien seiner Jünger. Danach wurden sie Jünger Jesu. 

DAS ERSTE WUNDER 

Zu dieser Zeit ging Jesus zurück in seine Heimat Galiläa, und sein öffentliches Wirken begann sich neben dem des Johannes zu entwickeln. Innerhalb weniger Tage hatte Jesus neue Jünger gewonnen: Andreas und Simon Petrus, Philippus und Nathanael. 

Nach dem Johannesevangelium wirkte Jesus nun sein erstes öffentliches Wunder. In Kana in Galiläa waren Jesus, seine Mutter und seine Jünger zu einer Hochzeit eingeladen. 

Im Lauf des Festes ging der Wein zur Neige, und Maria machte ihren Sohn darauf aufmerksam. Seine Reaktion legt nahe, dass sie wusste, dass er für mehr Wein sorgen konnte, doch er zog es vor, dies nicht zu tun, um nicht zu sehr aufzufallen. „Was geht's dich an, Frau, was ich tue?“, fragte er. „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Johannes 2, 4). 

Trotzdem wies seine Mutter die Diener an, zu tun, was auch immer er ihnen sagen würde. Sechs Steinkrüge wurden mit Wasser gefüllt, das dann durch ein Wunder zu Wein wurde - insgesamt 120 bis 180 Gallonen. Und ohne Zweifel war es Wein. Das hier verwendete griechische Wort im Neuen Testament lautet oinos und bedeutet „vergorener Traubensaft“. 

Und ohne Zweifel wares Wein. Das hier verwendete griechische Wort im Neuen Testament lautet oinos und bedeutet „vergorener Traubensaft“. 

Der Tafelmeister der Hochzeit war angenehm überrascht. Er sagte dem Bräutigam: „Jedermann gibt zuerst den guten Wein und, wenn sie betrunken werden, den geringeren; du aber hast den guten Wein bis jetzt zurückbehalten“ (Joh. 2, 10). Das Wunder war für die Jünger Jesu eine Bestätigung, dass er derjenige war, für den sie ihn hielten. 

Von Kana auf der Hochebene Galiläas reiste Jesus mit seiner Familie und seinen Jüngern hinunter nach Kapernaum am Nordufer des Sees Genezareth, wo er sich später niederließ. 

Nach einigen Tagen dort ging Jesus nach Jerusalem. Es war die Zeit des Passafestes. 

DEN TEMPEL ZERSTÖREN 

Als Jesus im Tempelbezirk ankam, fand er in den äußeren Höfen Händler und Geldwechsler vor, die dort ihre Geschäfte betrieben. Die Geldwechsler waren bekannt dafür, beim Tausch mit ausländischen Währungen zu betrügen. Nach Jerusalem kamen jüdische Besucher aus aller Herren Länder, und sie brachten ihre Währungen mit. Außerdem mussten sie Tempelsteuer zahlen, und zwar mit einer bestimmten Münze aus der alten Stadt Tyrus. Auch hier konnten die Geldwechsler ihre Kunden leicht übervorteilen. Sicher gab es eine ähnliche Situation, wenn die vorgeschriebenen Opfertiere von den Händlern gekauft wurden. Wenn die Moral fehlt, führt das Gesetz von Angebot und Nachfrage leicht zu Geldgier. 

Jesus trieb die Händler aus dem Tempelbezirk und geißelte diese ganze Korruption mit flammenden Worten: „Macht nicht meines Vaters Haus zum Kaufhaus!“ (Johannes 2, 16). So etwas war noch nie da gewesen, und die religiöse Obrigkeit verlangte von Jesus, mit einem Zeichen zu beweisen, wer er sei und mit welchem Recht er solche Dinge tue. 

Die Antwort Jesu war rätselhaft: „Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.“ Für die jüdische Obrigkeit klang dies wie eine größenwahnsinnige und arrogante Behauptung. Wie konnte er etwas, dessen Bau viele Jahre gedauert hatte, in drei Tagen wieder aufbauen? 

Jesus sprach freilich nicht von diesem Tempel, sondern von seinem eigenen, leiblichen Körper, der nach dem Tod wieder auferstand. Nach seinem Tod erinnerten sich die Jünger an diese ungewöhnliche Aussage. 

JESUS LEHRT DEN LEHRER 

Die Zeit des Passafestes in Jerusalem gab Jesus auch Gelegenheit zu einem wichtigen privaten Treffen mit einer religiösen Schlüsselfigur. Die Popularität Jesu nahm zu - seine öffentlichen Reden und Wunder erregten immer mehr Aufmerksamkeit. Im Schutz der Dunkelheit suchte ein prominenter Führer der etablierten religiösen Gemeinschaft Jesus auf. Sein Name war Nikodemus. Er räumte ein, dass die Pharisäer aufgrund der Wunder, die Jesus wirkte, wussten, dass er ein von Gott gesandter Lehrer war. Jesus ergriff die Gelegenheit, diesem Führer einige Wahrheiten zu erklären, die er hätte kennen sollen, aber nicht kannte. 

Er sagte dem Mann, dass das Reich Gottes etwas ist, das geistlich erfasst werden müsse, und dass die geistliche Geburt in dieses Reich die Bestimmung von Menschen ist, deren Sinn vom Geist geleitet wird. 

Es ist bedeutungsvoll, dass ein religiöser Führer so in Unkenntnis sein kann wie die Ungläubigen und Unbekehrten. Es zeigt, wie wichtig es ist, wirklich offen für Gottes Wort zu sein. Jesus sagte zu Nikodemus: „Bist du Israels Lehrer und weißt das nicht?“ (Johannes 3, 10). 

Dann erklärte Jesus, dass der Glaube an sein Kommen notwendig sei, um in das Reich Gottes zu gelangen. Gott der Vater hätte den Sohn als Opfer für die ganze Menschheit hingegeben. Wer nicht im Licht gehen wollte, würde nicht zum Sohn kommen. Das Licht der Wahrheit offenbare böse Absichten und böse Taten. 

Genau diese Art des Handelns war es, die Johannes der Täufer bekämpfte. Johannes taufte noch immer im Jordantal. Zwischen einigen seiner Jünger und den Juden kam es zu einer Diskussion über die Reinigung und über die Rolle Jesu bei der Taufe. Johannes vertrat den Standpunkt, seine eigene Bedeutung werde nun abnehmen, während das Werk Christi zunehmen werde. Demütig erkannte er an, daß er seinen Teil schon fast getan hatte. Bald danach kam Johannes als politischer Gefangener des Herodes ins Gefängnis. Johannes hatte Herodes offen wegen seiner Heirat mit der Frau seines Bruders kritisiert; die eindeutig ehebrecherische Beziehung war allgemein bekannt - und verstieß gegen das Gesetz Gottes. Deswegen ließ Herodes Johannes verhaften. 

Für Jesus war dies das Signal, nach Galiläa zurückzugehen und nun mit allem Ernst sein eigenes Werk zu beginnen. 

In der nächsten Ausgabe von Vision werden wir Jesus durch die Region begleiten, in der er aufgewachsen war. 

NÄCHSTES LESEN

(TEIL 3)