Josephus und die Belagerung Jerusalems, 70 n. Chr.
„Wurden [die Entflohen von den Römern] ergriffen, so wehrten sie sich unwillkürlich aus Angst vor der Hinrichtung; nachdem sie aber einmal Widerstand geleistet hatten, schien es ihnen zu spät, um Gnade zu bitten. Sie mussten nun zunächst die Geisselung und alle möglichen Foltern über sich ergehen lassen und wurden dann angesichts der Mauer [von Jerusalem] gekreuzigt. Titus hatte zwar Mitleid mit ihrem Schicksal, zumal da jeden Tag fünfhundert, manchmal auch noch mehr Gefangene eingebracht wurden, hielt es aber anderseits für gefährlich, diese mit Gewalt bezwungenen Juden frei ausgehen zu lassen; denn hätte man eine solche Menge bewachen wollen, so waren sie gar leicht eine Wache ihrer Wächter geworden. Der Hauptgrund aber, weshalb er die Hinrichtung der Gefangenen zuliess, war die Hoffnung, der Anblick werde die Belagerten zur Nachgiebigkeit bewegen, da diese ein gleiches Schicksal zu gewärtigen hatten, wenn sie sich nicht ergaben. Die Soldaten nagelten nun in ihrer gewaltigen Erbitterung die Gefangenen zum Hohn in den verschiedensten Körperlagen an, und da ihrer gar so viele waren, gebrach es bald an Raum für die Kreuze und an Kreuzen für die Leiber“ (FLAVIUS JOSEPHUS, ÜBER DEN JÜDISCHEN KRIEG 5, 11, ÜBERSETZT VON HEINRICH CLEMENTZ).