Von Eden nach Babylon
VORIGES LESEN
(TEIL 1)
ZUR SERIE
In diesem zweiten Teil unserer Artikelreihe über die Genesis folgen wir der frühen Menschheitsgeschichte von der Idylle im Garten Eden durch zwei Jahrtausende bis zum urbanisierten Leben in der Stadt Babylon.
Das Buch Genesis (1. Mose) lässt sich in zwei Hauptteile gliedern – vom Anfang bis Kapitel 11, 9 und von Kapitel 11, 10 bis zum Ende –, deren Struktur auf toledot (Hebräisch „Geschlechter“ bzw. „Generationen“ oder „Geschichte“) beruht. Dieses Wort steht in der Überschrift von elf verschiedenen Berichten in diesem Buch. Der erste beginnt: „So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden“ (1. Mose 2, 4). Man könnte auch sagen: „Das ist die Geschichte [toledot] von Himmel und Erde, nachdem Gott sie geschaffen hatte“ – die Geschichte dessen, was geschah, seiner Folgen für den Himmel und die Erde und dann für Personen, deren Familiengeschichte aufgezeichnet wird.
Die Struktur der Genesis
Die 11 Toledot-Abschnitte der Genesis sind folgende (zitiert nach der Einheitsübersetzung):
- Entstehungsgeschichte von Himmel und Erde (Genesis 2, 4 bis 4, 26)
- Geschlechterfolge nach Noah (Genesis 6, 9 bis 9, 29)
- Geschlechterfolge nach den Söhnen Noahs, Sem, Ham und Jafet (Genesis 10, 1 bis 11, 9)
- Geschlechterfolge nach Sem (Genesis 11, 10-26)
- Geschlechterfolge nach Terach (Genesis 11, 27 bis 25, 11)
- Geschlechterfolge nach Ismael (Genesis 25, 12-18)
- Geschlechterfolge nach Isaak (Genesis 25, 19 bis 35, 29)
- Geschlechterfolge nach Esau, der auch Edom hieß (Genesis 36, 1-8)
- Geschlechterfolge nach Esau, dem Stammvater von Edom (Genesis 36, 9 bis 37, 1)
- Geschlechterfolge nach Jakob (Genesis 37, 2 bis 50, 26)
ERSTE FOLGEN
Die Ereignisse im Zusammenhang mit der Erschaffung von Himmel und Erde werden bis Kapitel 4, 26 beschrieben, wo der nächste toledot-Marker steht. Dieser Abschnitt umfasst einen Rückblick auf den in Kapitel 1, 2 erwähnten Zwischenzustand des Chaos (s. Teil 1: „Das Buch der Ursprünge“) und die vertraute Geschichte der sechs Schöpfungstage einschließlich der Erschaffung des Menschen (Kapitel 1, 3-31). Es folgen das Eindringen des Bösen und der Sünde in die wieder neu geschaffene Welt, die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Garten Eden sowie die Geschichte ihres gewalttätigen Sohnes Kain und seiner Nachkommen.
Mit anderen Worten: Die ursprüngliche Schöpfung wurde wegen Satans Rebellion verwüstet (s. „Gefallene Engel“), dann in sechs Tagen von Gott neu erschaffen und durch den Gebrauch, den die Menschen von ihrer Willensfreiheit machten, auf einen anderen Weg gebracht. Ihre Entscheidung, sich statt auf Gott auf sich selbst zu verlassen, wurde durch Satans Verführung unterstützt. Sie ließen sich von ihm täuschen und handelten eigenmächtig; so kamen sie auf den abschüssigen Weg zu einem neuen Chaos. Kapitel 2 und 3 erklären detailliert, wie dies geschah.
Schauen wir nun zunächst, wie und warum Gott die ersten Menschen schuf. Es ist wichtig, das zu wissen und da die Genesis in der Tat ein Buch der Ursprünge ist, gibt sie uns Wissen, das wir aus keiner anderen Quelle bekommen würden. Sie lehrt, dass die Entstehung des Menschen kein kosmischer Zufall ist. Wenn wir, während wir in dieser Welt leben, den Sinn unseres Daseins und unsere Bestimmung kennen wollen, können wir auf die Offenbarungen dieses Buches nicht verzichten.
Wie im vorangegangenen Artikel gezeigt, schuf Gott die ersten Menschen als einzigartige Lebewesen. Kapitel 2 geht näher auf den sechsten Tag ein und erzählt noch einmal detaillierter, wie der Mann und die Frau geschaffen wurden. Als Gott die Menschen schuf, waren sie auf Beziehungen hin definiert. Es war nicht gut, dass der Mensch allein sei. Gott sah, dass er jemanden brauchte, der ihm glich und ihn ergänzte. So schuf er die ersten Menschen als Mann und Frau und vollständig als Paar: „Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau“ (1. Mose 1, 27). Ihre Sonderstellung gegenüber anderen Lebewesen beruhte auf ihrer Erschaffung „zum Bilde Gottes“. Und sie sollten eine richtige Beziehung zu ihrem Schöpfer haben, auf sein Wort und seine Lehre hören – besonders wenn es darum ging, wie sie Wissen erwarben.
Der ausführlichere Bericht über die Erschaffung von Mann und Frau zeigt, dass der Mann aus Erde gemacht wurde (Hebräisch adama, „Erdboden“). Die Frau wurde als zweites geformt, und zwar aus einem Teil des Mannes. „Da sprach der Mensch: Das ist doch Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch; man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist“ (1. Mose 2, 23). Wieder wird die enge Beziehung und Abhängigkeit zwischen beiden betont. Wir sind aus Männlichem und Weiblichem und auch aus Körperlichem und Geistigem zusammengesetzt. Unser stofflicher Teil kommt aus dem Staub der Erde („Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker …“); der nichtstoffliche Geist, der lebendig macht, kommt von Gott: „… und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen [nephesch]“ (1. Mose 2, 7). Beim Tod kehrt der Körper zurück zur Erde, „denn du bist Erde und sollst zu Erde werden“ (1. Mose 3, 19, s. auch Prediger 12, 7a). Unser nichtstofflicher Teil, der Geist, kommt „wieder zu Gott, der ihn gegeben hat“ (Prediger 12, 7b), und wartet auf die Auferstehung.
Diese ersten Menschen sollten sich auf der Erde vermehren und sie sich „untertan machen“. Außerdem gab Gott ihnen den Auftrag: „Herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht“ (1. Mose 1, 28). Die hebräischen Wörter, die hier verwendet werden, bedeuten „dienstbar/urbar machen“ (kabasch) und „herrschen“ (rada). Das bedeutet, dass der Mensch die Führung über die gesamte Schöpfung Gottes haben sollte. Mit diesen hebräischen Wörtern ist Raubbau an der Umwelt in allen möglichen Formen gerechtfertigt worden; doch die übrige Lehre der Bibel macht deutlich, dass die Schöpfung nicht geplündert werden darf.
Ein zentraler Aspekt von Kapitel 2 ist Gottes Anweisung, die Früchte der Bäume im Garten zu essen; dies schloss den Baum des Lebens ein (Vers 9), einen ganz bestimmten anderen Baum aber nicht: „Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben“ (Vers 16-17). Bekanntlich aßen die Menschen die Frucht dieses Baumes und brachten dadurch viel Schweres über sich und ihre Nachkommen. Wahrscheinlich war diese Frucht kein Apfel, wie auf Bildern meist zu sehen; sie wird nicht näher identifiziert, stellt aber ein Symbol des menschlichen Strebens nach Wissen ohne Gott dar. Dies wird im nächsten Kapitel klar: Erst Eva und dann Adam entscheiden sich bewusst gegen Gottes Anweisung, was sie zu sich nehmen sollen – d. h. wie sie im Leben das Richtige wählen sollen.
DAS BÖSE TRITT EIN
Schon vor der Erschaffung des Menschen existierte Gottes Erzfeind Satan. Er war ein guter Engel gewesen, der als Morgenstern bezeichnet wurde (Hebräisch heylel) und die ursprüngliche Erde schützen sollte, doch hatte er sie dann durch seine Rebellion gegen Gott ins Chaos gestürzt. Als Adam und Eva geschaffen waren, machte sich Satan daran, Gottes Plan für sie zu sabotieren. Er kam in den Garten, sprach Eva an und säte Zweifel an Gottes Worten darüber, wie gefährlich es sei, vom Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen zu essen. Es gelang ihm, sie zu täuschen, indem er ihr die verbotenen Früchte als köstlich zu essen, appetitlich anzuschauen und als Quelle gottähnlicher Weisheit präsentierte (1. Mose 3, 6). Eva dachte über sein Argument nach, dann nahm sie die Frucht und aß – trotz der Warnung Gottes, es werde letztlich ihr Tod sein. Dann gab sie auch ihrem Mann von der Frucht; und er aß, obwohl er genau wusste, dass er damit Gott ungehorsam war.
Dieser falsche Zugang zur Erkenntnis des Guten und des Bösen war das Problem, das sie der Menschheit nun beschert hatten. Statt sich auf Gottes Führung und Leitung zu verlassen und richtige Erkenntnis durch seine Offenbarung und Lehre zu entdecken, begannen sie, durch menschliche Sinneswahrnehmung und menschliches Denken nach Erkenntnis zu streben. Sie nahmen die Produktion von Wissen an sich, ohne Gottes Einfluss. Durch ihre Tat nahmen sie sich das Recht, selbst zu bestimmen, was gut und böse war, statt Gottes Definition zu akzeptieren. Seit diesem Zeitpunkt ist die Menschheit auf dem falschen Weg. Nur in Übereinstimmung mit den Standards des Schöpfers für Gut und Böse werden wir ans Ziel kommen.
Die unmittelbare Folge ihrer Entscheidung war, dass Adam und Eva aus dem Garten vertrieben wurden und ein mühseliges Dasein fristen mussten, abgeschnitten vom Baum des Lebens: Gott „trieb den Menschen hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu dem Baum des Lebens“ (Vers 24).
Die Lebensgeschichte Adams und Evas von hier an zeigt, wie töricht es ist, Gott außen vor zu lassen.
ANFÄNGE DER ZIVILISATION
Eine der anhaltenden Folgen des Ungehorsams gegen Gott ist der Hang der Menschheit, Konflikte mit Gewalt zu lösen. Der erste Mensch, der mordete, war Adams und Evas Sohn Kain – ein junger Mann, der sehr eifersüchtig auf seinen Bruder Abel war. Abel hatte eine richtige Beziehung zu Gott, und dies reizte Kain zur Gewalt. Der Apostel Johannes schreibt: „Und warum brachte er ihn um? Weil seine Werke böse waren und die seines Bruders gerecht“ (1. Johannes 3, 12). Als die Brüder Gott Opfer brachten, wurde Abels Opfer angenommen, Kains dagegen nicht. Kain war zornig, dass Gott seinen Bruder vorzog; er war weder fähig noch willens, sein Minderwertigkeitsgefühl und seine falsche Einstellung zu bezwingen, und gab dem Drang nach, seinen Bruder zu erschlagen. Es war nicht so, dass er nicht wusste, was richtig war. Gott hatte zu ihm gesagt: „Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie“ (1. Mose 4, 7). Die Folge für Kain war Verbannung; „unstet und flüchtig“ musste er leben. Er sagte, Gottes Strafe, ihn aus seiner Gegenwart zu verstoßen, sei größer, als er ertragen könne (Vers 13-14). Die Folge für Kains unmittelbare Nachkommen war der Bau der ersten Stadt, die in der Bibel erwähnt wird. Sie wurde nach Kains Sohn Enoch genannt. Das Stadtleben – der Versuch, fern von Gottes Gegenwart in Eden mit dem Urteil der Heimatlosigkeit zu leben – war vielleicht Kains Antwort auf die Verstoßung durch Gott.
„Es ist, als hätte Kain es nicht erwarten können, seinen Bruder zu vernichten – die Lösung eines natürlichen Mannes für sein eigenes Versagen.“
Eine weitere Folge war, dass immer wieder Probleme durch Mord gelöst wurden. Kains Nachkomme Lamech (der erste Polygamist) prahlte: „Ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! Ja, einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme“ (Vers 23). Vergeltung dafür schien er nicht zu fürchten (Vers 24).
Andere neue Entwicklungen der Nachkommen Kains waren Viehzucht, Musik und Metallverarbeitung (Vers 20-22). Diese Aspekte der Zivilisation sind vielleicht deshalb korrumpiert statt mit guten Absichten verbunden, weil sie von der Blutlinie Kains kommen. Im Judasbrief des Neuen Testaments ist die Rede von „gottlosen Menschen“, die „den Weg Kains gegangen“ sind (Judas 4, 11). Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus schrieb im 1. Jahrhundert: „Kain aber war überhaupt ein ganz übler Mensch, insbesondere auf Gewinn bedacht; er kam als erster darauf, die Erde zu pflügen.“ Gott habe Kains Opfer von Feldfrüchten nicht angenommen, weil sie „nach der Absicht eines gewinnsüchtigen Menschen mit Gewalt entstanden“, d. h. dem Boden abgerungen waren (Jüdische Altertümer 1.2.1). Es würde zu Kains Nachkommen passen, wenn sie kulturelle Neuerungen missbraucht hätten. Und wenn sie das taten, dürften wir Aspekte davon geerbt haben. Der Alttestamentler Derek Kidner schreibt in seinem Kommentar zur Genesis: „Kains Familie ist ein Mikrokosmos: Ihr Muster – technisches Können und moralisches Versagen – ist das Muster der Menschheit.“ Natürlich sind Viehzucht, Musik und Metallverarbeitung nicht in sich problematisch. Schließlich gibt es viele Beispiele für ihre Verwendung im Dienst und Sinne Gottes.
„Kains Blutlinie ist ein Beispiel der hohen Kultur, die ein absolut unreligiöses und gottloses Volk oft besitzen kann, und für den Fortschritt, den es in den Künsten und der Verschönerung des Lebens machen kann.“
DIE NÄCHSTEN GENERATIONEN
Adam und Eva hatten einen dritten Sohn namens Set, aus dessen Blutlinie Gutes hervorging. Eva sah Set als von Gott geschenkt, um den ermordeten Abel zu ersetzen (1. Mose 4, 25). Als Sets Sohn Enosch lebte, „fing man an, den Namen des HERRN anzurufen“ (Vers 26) – vielleicht ein Zeichen für seinen positiven Einfluss.
Dieser kurzen Vorstellung der Blutlinie des Set folgt „das Buch“ der Nachkommen oder toledot Adams durch diese Linie. Anscheinend existierte eine Form von Niederschrift der Nachkommen Adams, vielleicht eine Tontafel. In Sets Linie gab es – im Gegensatz zur Linie Kains – in der siebten Generation einen Mann namens Henoch, der „mit Gott wandelte“ (1. Mose 5, 22, 24), und Noah, den Erbauer der Arche, der „ein frommer Mann und ohne Tadel zu seinen Zeiten“ (1. Mose 6, 9) und ein „Prediger der Gerechtigkeit“ war (2. Petrus 2, 5).
Der Niedergang der Menschheit, der mit dem Ungehorsam Adams und Evas und mit Kains Auflehnung gegen Gott begonnen hatte, brachte die Moral zur Zeit Noahs auf einen Tiefpunkt. Damals sagte Gott, dass es ihn reute, die Menschen geschaffen zu haben (1. Mose 6, 7). Er sagte zu Noah: „Das Ende allen Fleisches ist bei mir beschlossen, denn die Erde ist voller Frevel von ihnen; und siehe, ich will sie verderben mit der Erde“ (Vers 13). Der Grund war, dass das Böse der Normalfall geworden war: „Der HERR sah, dass der Menschen Bosheit groß war auf Erden und alles Dichten und Trachten ihres Herzens nur böse war immerdar“ (Vers 5).
„Auch die antiken vorderasiatischen Epen über Gilgamesch und Atrahasis berichten von einer Flut, mit der die Menschen gestraft wurden.“
Und so kam eine Flut und verwüstete die Erde. Eine solche Flutkatastrophe ist in der Geschichtsschreibung vieler Völker bezeugt.
Die Sintflut
Dem Anchor Yale Bible Dictionary zufolge kommt in der geschichtlichen Überlieferung von 68 antiken Völkern eine Flutkatastrophe vor.
Das mesopotamische Gilgamesch-Epos berichtet von einem Helden Utnapischtim, der über die kommende Katastrophe informiert wird und angewiesen wird, ein Schiff zu bauen, um sich, seinen Haushalt und „aller Lebewesen Samen“ zu retten. Seine Nachbarn soll er nicht warnen, sondern sie über den bevorstehenden Untergang täuschen. Die Flut dauert sieben Tage, dann läuft das Schiff auf einem Berg auf Grund; von dort werden eine Taube, eine Schwalbe und ein Rabe ausgesandt. Als Utnapischtim an Land geht, bringt er den Göttern ein Opfer dar.
Einige Aspekte der Geschichte wirken sehr vertraut, wenn man den biblischen Bericht über die Sintflut kennt, doch wiegen die Unterschiede schwerer als die Ähnlichkeiten. Insbesondere fehlen in den mesopotamischen Legenden die Güte und Gnade Gottes, der das menschliche Leben erneuert. Dementsprechend informiert das Anchor Bibel Dictionary: „Behauptungen direkter Abhängigkeit [des biblischen Berichts von dem Epos] sind weitgehend aufgegeben worden.“ Wahrscheinlicher ist, dass in Gesellschaften nach der Flut verfälschte Versionen des biblischen Berichts kursierten.
Laut dem Bericht der Genesis (6, 1-9, 19) wies Gott Noah an, eine Arche von 137 Metern Länge, 23 Metern Breite und 14 Metern Höhe zu bauen, um Menschen und Tiere zu retten. Von den reinen Vögeln und Tieren sollte er je sieben Paare mitnehmen, von den unreinen je ein Paar. Nur Noah und seine sieben direkten Angehörigen (seine Frau, die drei Söhne und deren Frauen) sowie die Tiere und Pflanzen in der Arche überlebten die Flut. Als das Wasser so weit zurückgegangen war, dass sie an Land gehen konnten, war über ein Jahr vergangen. Eines der ersten Dinge, die Noah dann tat, war, einen Altar zu bauen und von jeder reinen Tierart ein Dankopfer zu bringen. Da versprach Gott, nie wieder alles Leben durch eine Flut zu vernichten; an dieses Versprechen sollte ihn von nun an der Regenbogen erinnern. Die Nachkommen der drei Söhne Noahs – Sem, Ham und Jafet – bevölkerten die Erde neu. Diesem Bericht zufolge stammt die heutige Menschheit von diesen drei Urvätern und ihren Nachkommen ab.
Die Völker, die aus diesen neuen Anfängen entstanden, sind in Genesis 10 aufgezählt. Es gibt keine andere derartige Überlieferung in der Geschichte des Altertums. Es sind die toledot der Söhne Noahs – ein Verzeichnis von Völkern, das den Ursprung von 70 antiken Ländern und Gesellschaften angibt, u. a. Kreta, Rhodos, Zypern, Libyen, Ägypten, Äthiopien, Arabien, Assyrien und Babylonien.
„Babel hat in ,Babylonien‘ die Vorherrschaft seit der Verdrängung der Elamiter durch Hammurabi (um 2100 [v. Chr.]) und gilt seitdem im ganzen vorderen Orient als erste Stadt der Welt.“
Dieser Abschnitt bis Kapitel 11, 9 enthält spezifische Informationen über die Entwicklung des Stadtlebens in Babylon. Ein Enkel Hams namens Nimrod (möglicherweise von dem hebräischen Wort marad – „Rebell“ oder „rebellisch“) wurde ein legendärer Held, an den die Redensart „ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN wie Nimrod“ erinnerte. Zu seinem Reich gehörten Babel (Babylon) und andere babylonische Städte (s. 1. Mose 10, 8-10). Entsprechend der Ursprungsthematik der Genesis erwähnt das Kapitel auch, dass aus dieser stadtorientierten Kultur um Nimrod und Babylon weitere Städte hervorgingen, darunter die große assyrische Stadt Ninive (Vers 11). Diese von Gewalt und Trotz geprägte Entwicklung so bald nach der Flut gipfelte dann im Turmbau zu Babel, bei dem der nächste Artikel einsetzen wird.
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(TEIL 3)