Die Wahrheit wird euch frei machen
Wahrscheinlich haben Sie schon einmal gehört, dass jemand sagte, mit der Bibel könne man alles beweisen – und damit meinte, man könne sie so beliebig auslegen, dass sie eigentlich keinen Wert oder keine Gültigkeit habe. Oder sie sei nur eine Sammlung uralter Geschichten und Mythen, ohne Relevanz für uns heute. Vielleicht sind Sie zu dem Schluss gekommen, dass man sie nicht verstehen kann, nachdem das jemand anderes gesagt hat. Über dieses Buch, das noch immer weltweit die größte Verbreitung hat, gibt es so viele Meinungen, dass es nicht leicht ist, zu wissen, wo man anfangen soll, diese gängigen Vorstellungen zu widerlegen.
Ein paar einfache Grundregeln könnten da helfen. Sollte man zum Beispiel fraglos davon ausgehen, dass Expertenwissen in einem Fach dafür qualifiziert, in einem anderen Fach Urteile zu fällen? Wenn man manche YouTube-Videos sieht, in denen prominente Persönlichkeiten über die Relevanz der Bibel diskutieren, zeigt sich, dass ihr Fachwissen woanders liegt als bei dem diskutierten Thema. Gewiss sind sie sehr kenntnisreich in ihrem eigenen Fach, aber den Sinn und Zweck der Bibel verstehen sie nur mangelhaft. Ein damit verbundener Gedanke ist, dass es problematisch wird, wenn man die Bibel nicht unter ihren eigenen Bedingungen liest, sondern durch seine persönliche Brille. Das führt zu einer verzerrten Sicht.
Selbst jemand, der sich zu einer eher traditionellen religiösen Sicht bekennt, kann missverstehen, was das Buch der Bücher sagt, denn Tradition allein ist möglicherweise kein sicherer Führer. Auch Tradition kann verzerren. Das ist die Schwierigkeit, auf die Jesus in Diskussionen mit Vertretern der religiösen Obrigkeit seiner Zeit hinwies – den Pharisäern und den Experten für das religiöse Recht, den Schriftgelehrten. Er sagte zu ihnen, sie hätten „Gottes Wort aufgehoben um eurer Überlieferung willen“ (Lutherbibel 2017). Traditionen und Rituale sind manchmal nichts weiter als menschliche Erfindungen und haben mit wahrer Spiritualität kaum etwas zu tun. Der Zweck von Gottes Gesetz ist, die menschliche Erfahrung zu maximieren, indem es zu tätiger Liebe für Gott und Menschen anhält.
Viele Menschen – ob gläubig oder nicht – erkennen die spirituelle Weisheit und Reinheit der Bergpredigt Jesu an. Es wird gesagt, dass er in dieser Botschaft eine beispiellose Wahrheit ausgesprochen hat und dass sie für alle Menschen gilt. Dennoch bringen es viele nicht über sich, an die Person zu glauben, die Jesus „Vater“ nannte. Ob Agnostiker oder Atheisten, vielleicht ignorieren sie eine weitere Wahrheit in der Bibel, die Jesus zitiert hat: „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: ›Es ist kein Gott‹“ (Psalm 14, 1).
Die Bibel unter ihren eigenen Bedingungen zu lesen, bedeutet, sich ihr in Demut zu nähern. Es könnte notwendig sein, unsere bisherigen Annahmen oder widersprechende Einflüsse von außen beiseitezulassen. Wenn wir versuchen, Gottes Denken durch den Filter menschlicher Philosophie statt durch die innere Logik der Bibel zu verstehen, werden wir keine Klarheit erreichen. Und obwohl sie ein Buch tiefer Erkenntnis ist, ist sie nicht unverständlich. Sie soll eine offenbarte Führung für unseren eigenen Weg durch das Leben sein: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“ (Psalm 119, 105).
„Der Mensch ist kein Amalgam aus vergänglichem Körper und unsterblicher Seele, sondern eine psychophysische Einheit, deren Leben selbst von Gott abhängt.“
Für Nichtgläubige ist dies schwer zu akzeptieren. Was nicht physisch beweisbar ist, hat für sie keine Relevanz. Ein bekannter Naturwissenschaftler sagt uns, dass bei seinem Tod seine physischen Hirnschaltkreise aufhören werden, und nichts wird übrig bleiben – er wird für immer weg sein. Er ist ein Materialist, für den der Sinn des Lebens rein physisches Reproduzieren und Überleben ist. Eine geistige Welt gibt es nicht.
Dagegen lehrt die Bibel, die unsere Sterblichkeit anerkennt, dass wir nicht nur Materie sind. Wenn wir auch hier die Bibel beim Wort nehmen und vorgefasste eigene Meinungen beiseitelassen, entdecken wir, dass wir ein geistiges Element haben, nicht aber eine unsterbliche Seele. Wir haben nicht Seelen; wir sind Seelen – lebende Wesen, belebt durch den von Gott gegebenen „Geist im Menschen“. Wir sind einzigartig menschlich, mit von Gott geschenktem Verstand, und daher anders als Tiere: „Aber der Geist ist es in den Menschen und der Odem des Allmächtigen, der sie verständig macht“ (Hiob 32, 8).
Wenn wir das Wort direkt zu uns sprechen lassen, können wir von dem Zweifel an der Gültigkeit und dem Wert der Bibel befreit werden. Wir können den wahren Sinn und Zweck des Lebens entdecken.